Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Bern; Chefärztin und stv. Direktorin
„Präzisionspsychiatrie – wie begegnen wir Vielfalt“
Präzisionsmedizin bezieht individuelle Merkmale wie genetische Prädisposition, Umweltfaktoren oder Lebensstil von Patientinnen und Patienten in die Behandlung mit ein. So können bestehende Therapien «maßgeschneidert» werden, um Nebenwirkungen zu vermeiden und bei teuren Behandlungen Kosten zu sparen.
Hier stoßen bisherige Therapien an Grenzen, weil sie davon ausgehen, dass die menschliche Physiologie bei allen Menschen ähnlich oder gleich funktioniert. Patientinnen und Patienten reagieren bei komplexen Krankheiten wie Krebs auf Therapieversuche aber sehr unterschiedlich – was die Präzisionsmedizin berücksichtigt.
Der Vortrag stellt Grundannahmen der Präzisionsmedizin als eine mögliche Entwicklung in der Psychiatrie dar und ordnet unser Fach - die Psychiatrie - beginnend mit der deskriptiven Psychopathologie und Phänomenologie und akkurater Analyse und Verständnis von individuellen Prozessen in jedem Individuum als historisch beispielhaft für personalisierte Medizin ein.
Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf; Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Schweregradgestufte Behandlung psychischer Erkrankungen in der Grundversorgung
Hintergrund: RECOVER zielte darauf ab, die Effektivität und Effizienz eines gestuften, evidenzbasierten, integrierten und koordinierten Versorgungsmodells für Menschen mit psychischen Erkrankungen zu evaluieren, bei dem multisektorale und interdisziplinäre Leistungserbringer eines gesamten Versorgungssektors eine gestufte, evidenzbasierte und qualitätsgesicherte Versorgung nach Prinzipien des Managed Care über Diagnosen und sektorale Grenzen hinweg anbieten.
Methode: Es wurde eine randomisiert-kontrollierte Studie (RCT) durchgeführt. Teilnahmeberechtigt waren Jugendliche und Erwachsene (16-79 Jahre) mit psychischen Störungen. Die primären Endpunkte umfassten Kosten, Wirksamkeit und Kosteneffektivität. Sekundäre Endpunkte waren diagnosespezifische Unterschiede hinsichtlich Schweregrad und Verlauf, patientenbewertete Outcomes wie Lebensqualität, Leistungsinanspruchnahme (Krankenhaustage, ambulante Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Interventionen bei schweren psychischen Störungen), Behandlungskontinuität und Behandlungsabbrüche, Nutzung Web-basierter Therapie und Peer-Support.
Ergebnisse: RECOVER zeigte im Vergleich zur Regelversorgung über den Zeitraum von 12 Monaten eine signifikant höhere Kosteneinsparung (direkte und indirekte Kosten), bei stärkerer Verbesserung der psycho-sozialen Gesundheit und besserer Kosten-Effektivität. Für die sekundären Hypothesen zeigten sich vor allem Vorteile des RECOVER Modells gegenüber der Regelversorgung hinsichtlich diagnosespezifischer Symptombelastung (div. Skalen), Lebensqualität (Re-QoL) und allgemeiner Gesundheit (Health-49), sowie für den Einsatz des Peer Support, bei signifikanten Unterschieden in der Leistungsinanspruchnahme mit Flexibilisierung und Intensivierung des ambulanten Therapieangebots.
Diskussion: Die Effizienz des RECOVER Modells wurde vor allem durch die Verbesserung der sektorübergreifenden und interdisziplinären Zusammenarbeit der Leistungserbringer und der Vermeidung von kostenintensiver Fehlallokationen mit dem gemeindepsychiatrischen Versorgungsansatz und der Kombination evidenzbasierter Interventionen erreicht. Das Modell und seine Behandlungsoptionen wurden von den Patienten und ihren Familien sehr gut angenommen. Wichtige Komponenten aus subjektiver Sicht waren der unkomplizierte Zugang zur Versorgung, kurze Wartezeiten, eine umfassende Eingangsdiagnostik und Behandlungsplanung, eine jederzeit erreichbare Akutversorgung und die Komplexbehandlung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen.
Universität Bern; Mitglied Programmleitung DAS Sportpsychologie Uni Bern; Advisory Board Society for the Exploration of Psychotherapy
Integration
Psychotherapie – zwischen Vielfalt der Methoden und Personalisierung
UK Aachen; Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
Forensische Psychiatrie (DGPPN-Zertifikat)
Zur Identität der Psychiatrie und der Vielfalt der Therapiemöglichkeiten